Im Notfall

Wenn Du sexualisierte Gewalt erlebt hast, findest du hier ein paar weiterführende Hilfestellungen für den Akut-Fall oder Notlagen. Du kannst deiner eigenen Wahrnehmung und Einschätzung vertrauen – wenn du denkst, dass es  sexualisierte Gewalt ist/war, ist deine Einschätzung richtig. Was du wahrnimmst, ist valide!

Sexualisierte Gewalt hat viele verschiedene und komplexe Seiten, Formen und Auswirkungen. Dein Umgang kann anders aussehen als der einer anderen Person. Deine Bedürfnisse sind berechtigt und ihnen nachzugehen, hilft dir bei deiner eigenen Bewältigung und Aufarbeitung der erlebten Gewalt. Was dir passiert ist, kannst einzig und alleine du benennen, oder definieren. Wir nennen das:  Definitionsmacht
 
Die Benennung und Definition von Gewalt kannst nur du bestimmen und du hast das Recht dazu, zu sagen, wann und wo und inwiefern deine Grenzen überschritten wurden. Dabei spielt es – für uns und für professionelle Beratungsstellen auch! – keine Rolle, ob der Vorfall, Übergriff oder die Gewalt sogenannte „strafrechtliche Relevanz“ hat. Du darfst dir in jedem Fall von sexualisierter Gewalt und Übergriffigkeit Unterstützung holen. Es geht darum, wie es dir geht, was du brauchst, was sich für dich in deiner einzigartigen Situation richtig anfühlt 
– und nicht um „objektive Kriterien“.
 
Es gibt verschiedene Möglichkeiten in solchen Situationen zu handeln.
Du musst die Situation nicht hinnehmen. Wichtig ist, dass du dir selbst vertraust, was sich für dich gerade richtig anfühlt. Diese Liste ist demnach nur eine Hilfe-
Stellung, dir selbst – mit Unterstützung – einen für dich passenden Weg zu suchen.
 

Unterstützung im Nahumfeld

Es kann sehr hilfreich sein, mit Vertrauenspersonen zu sprechen. Überleg dir, ob du erzählen möchtest, was dir passiert ist, z.B. einer*m Freund*in, Mitbewohner*in, Elternteil. Personen in deine Situation einzubeziehen kann Entlastung und Schutz bringen, Personen können Mit-Verantwortung übernehmen und Dich z.B. zu einer Beratungsstelle begleiten. Oder für dich einkaufen gehen. Oder dich zur Ärzt*in begleiten.

Es kann sich aber auch besser anfühlen, mit einer „fremden“ Person zu sprechen, die Distanz zu deinem Umfeld hat, z.B. eine*r psycho-soziale Berater*in, Psychotherapeut*in, Seelsorge, religiösen Vertrauensperson.

Wichtig ist, dass die Vertrauensperson mit dir parteilich ist. Das heißt, sie sollte dir
1. Glauben schenken, bei dem was du erzählst,
2. Sicherheit geben,
3. dich in deiner Selbstbestimmung unterstützen und
4. zur Stabilisierung deiner Situation beitragen.

Viele Unterstützer*innen sind mit ihrer Rolle überfordert. Sie können sich hier infomieren oder auch zu einer Beratungsstelle gehen.

Professionelle Unterstützung

Es kann auch hilfreich sein, dass du dir professionelle Unterstützung suchst. Bei Personen, die Expert*innen im Thema „Was tun bei sexualisierter Gewalt?“ sind. Sie können dir mit viel Erfahrung dabei helfen, das Erlebte für dich besser einordnen zu können und wie du in Zukunft damit umgehen und leben lernen kannst.

Du kannst jederzeit und kostenlos beim Hilfetelefon anrufen: 08000 116 016

Beratungsstellen

In Würzburg gibt es kostenlose Beratungsstellen für Betroffene von sexualisierter Gewalt. In Beratungsstellen bekommst du Hilfe und Beratung zu alltagspraktischen Themen und kannst vertraulich und anonymisiert über deine Lebenssituation sprechen. Auch bei der Suche nach einem Psycho-Therapie-Platz oder in der Begleitung bei etwaigen Strafverfahren können Beratungsstellen unterstützen.
 

Wildwasser Würzburg e.V. (FLINTA*-only)
Tel.: 0931 – 13287
Mail: info@wildwasserwuerzburg.de 
Theresienstraße 6-8, 97070 Würzburg

Pro Familia (auch für cis Männer, die von Gewalt betroffen sind)
Telefon: 0931 460650
Mail: wuerzburg@profamilia.de
Semmelstraße 6, 97070 Würzburg

Beide Beratungsstellen sind auch ansprechbar für
Angehörige. 
 

Frauenhäuser

Frauenhäuser sind Orte, deren Adressen geheim gehalten werden. Sie sind offen für Personen, die häusliche oder sexualisierte Gewalt erleben und vorübergehend Schutz und Unterkunft suchen. Dort kannst du dich melden, wenn du in deiner Wohnung vor Gewalt nicht sicher bist oder dich dort nicht sicher fühlen kannst, z.B. bei Bedrohung.

  • AWO Frauenhaus 
    Tel. 0931 619810 (außerhalb der Öffnungszeiten Anrufbeantworter mit Notnummer) Mail: frauenhaus@awo-unterfranken.de
  • Frauenhaus im SkF (Sozialdienst katholischer Frauen e.V. Würzburg)
    Tel: (0931) 45007-77
    Mail: fh@skf-wue.de

Leider sind nicht alle Frauenhäuser offen für trans, inter* und nicht-binäre Personen und z.B. trans Frauen oder nicht binäre Personen, die von Gewalt betroffen sind, werden teilweise ausgeschlossen.

(Straf-)Rechtliche Möglichkeiten und Gewaltschutz

Es gibt die Möglichkeit, gegen Täter*innen bzw. gewaltausübende Personen bei der Polizei Anzeige zu erstatten. Wir empfehlen sehr, vor einer Anzeige mit einer professionellen Berater*in oder Anwält*in darüber zu sprechen, was das als betroffene Person bedeutet. Lass dir bei dieser Entscheidung Zeit! Eine Anzeige ist oftmals noch nach Jahren möglich.

Es gibt auch die Möglichkeit, wenn du dich immer noch in einer Gewalt- oder Bedrohungssituation befindest, zivilrechtliche Schutzmöglichkeiten zu beantragen. Das geht bei „häuslicher Gewalt“ (also wenn du mit einer gewalttätigen Person zusammenlebst), bei Stalking oder auch wenn Gewalt(-drohungen) von einer Person ausgehen, mit der du nicht zusammenlebst und keine persönliche Beziehung hast.

Informationen über strafrechtliche und/oder zivilrechtliche Schutzmöglichkeiten solltest du dir bei einer professionellen Beratung und/oder Anwält*innen einholen.

Was du jetzt für dich tun kannst

Es ist wichtig, dass du nach erlebter sexualisierter Gewalt das tust, was sich sicher, richtig und gut anfühlt. Das kann sehr unterschiedlich aussehen. Ein paar Sachen, die uns aus Erfahrung selbst oder anderen Betroffenen geholfen haben:

  • Kontakt mit der gewaltausübenden Person / Täter*in (zumindest zeitweise) abbrechen, bis es dir wieder besser geht und du dich stabil fühlst
  • Auf deine Grundbedürfnisse achten: Bekommst du genügend Schlaf? Trinkst du genug? Isst du ausreichend? Dein Körper leistet in Bewältigungsphasen sehr viel. Achte in dieser Zeit gut auf dich.
  • Lass dich bei eine*r Ärzt*in krank schreiben und nimm dir einige Tage Pause. Schwindeln ist erlaubt. Frag ein*e Freund*in, ob sie*er dich begleiten kann.
  • Bitte Freund*innen oder Mitbewohner*innen, dir alltägliche Aufgaben abzunehmen oder zu unterstützen (Einkaufen, Haushalt, Kinderbetreuung) und nimm dir freie Zeit für deine Emotionen.
  • Emotionen sind Helfer*innen: Wut, Trauer, Ekel – dein Körper hilft dir bei der Bewältigung. Wenn du dich damit überfordert fühlst, sprich darüber oder meld dich bei einer Beratungsstelle. Sie können dir erklären, warum dein Körper oder dein Kopf dir welche Signale schickt.

Es kann auch gut sein, sich noch weiter zu informieren. Wir empfehlen dir die Broschüre „Aufbruch“!